Das 3,5 %-Ziel für Forschung und Entwicklung

Mit der Lissabon-Strategie hatten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union das ehrgeizige Ziel gesetzt, Europa bis zum Jahr 2010 „zum wettbewerbsfähigsten, dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ wachsen zu lassen. Dieses Ziel ist eng mit Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) verbunden: Deshalb sollten die FuE-Ausgaben bis 2010 auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesteigert werden. Die Steigerung der FuE-Ausgaben auf 3 % der BIP wurde unverändert als Teilziel in die „Strategie Europa 2020“ übernommen, die auf die Lissabon-Strategie folgte.

Die GWK begleitete die Umsetzung dieses Ziels und erstellte dazu einen Sachstandsbericht, in dem Erfolge und Meilensteine aufgelistet und Handlungsempfehlungen skizziert wurden. Die GWK legte ihre Sachstandsberichte jährlich den Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern vor (siehe Materialien der GWK ). Das Berichtsjahr 2020 war das letzte Jahr der „Strategie Europa 2020“.

In ihrer Besprechung am 8. Dezember 2022 haben der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern bekräftigt, dass sie sich gemeinsam mit der Wirtschaft für das Erreichen des neuen nationalen 3,5 %-Ziels für Forschung und Entwicklung (FuE) bis 2025 sowie für eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung einsetzen werden. Die GWK legt den Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern weiterhin einen Sachstandsbericht zum Stand des 3,5 %-Ziels für FuE in Deutschland vor.

Das 3 %-Ziel für FuE, das nunmehr auf 3,5 % angehoben wurde, hat in Deutschland eine starke Dynamik zur Förderung von FuE in Gang gesetzt: Bund, Länder und Wirtschaft haben ihre Fördermittel für FuE kontinuierlich erheblich gesteigert. Zwischen dem Jahr 2011 und dem Jahr 2021 sind die Forschungsausgaben um etwa 50 % gestiegen. Im Jahr 2021 hatten die Forschungsausgaben in Deutschland ein Volumen von rd. 113,2 Mrd. Euro. Dies entspricht einer Zunahme um rd. 6,6 Mrd. Euro gegenüber dem ersten Coronajahr 2020. Der Anteil der Forschungsausgaben am nationalen BIP lag 2021 bei 3,13 %. Trotz der enormen Herausforderungen aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie wurde diese FuE-Quote durch das starke gemeinsame Engagement von Staat und Wirtschaft bei der Förderung von Forschung und Entwicklung erreicht. Wenn es darum geht, den Anteil von 3,5 % am BIP bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu erreichen, kommt nach wie vor der Wirtschaft die wichtigste Rolle zu. Sie trägt rund zwei Drittel aller FuE-Ausgaben in Deutschland.
Angesichts der Herausforderungen der letzten Jahre (COVID-19-Pandemie ab 2020, russischer Angriffskrieg auf die Ukraine seit 2022) gilt es für die kommenden Jahre umso mehr, die durch das 3,5 %-Ziel entstandene Dynamik strategisch sinnvoll zu nutzen, um Deutschlands Position bei Forschung und Entwicklung auch im internationalen Vergleich weiter auszubauen und gestärkt aus den vielfältigen Krisen zu kommen.

Bund und Länder haben hierfür vor allem mit den im Jahr 2019 beschlossenen großen Wissenschaftspakten (Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken, Innovation in der Hochschullehre, Pakt für Forschung und Innovation IV) starke Impulse gesetzt. Mit dem dreiprozentigen Aufwuchs für das Akademienprogramm ab 2022 bekräftigen Bund und Länder auch ihren Beitrag zur Stärkung der geisteswissenschaftlichen Forschung. Auch im Bereich der Gleichstellung ist Dynamik zu verzeichnen: Bund und Länder haben am 4. November 2022 mit dem Professorinnenprogramm 2030 die Fortführung des Professorinnenprogramms bis 2030 beschlossen. Es soll im Hochschulbereich mehr Frauen in Führungspositionen bringen und die gleichstellungspolitischen Strukturen an den Hochschulen stärken. Es dient Bund und Ländern als Baustein, um dem Ziel der Parität in der Wissenschaft und insbesondere in den Hochschulen näher zu kommen. Mit der 2019 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossenen steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung ist auch gegenüber forschenden Unternehmen ein starker Anreiz gesetzt worden, ihr Engagement bei Forschung und Entwicklung fortzusetzen und weiter auszubauen. Künstliche Intelligenz (KI) wird in den kommenden Jahren weltweit Gesellschaft, Wirtschaft und den Alltag der Menschen verändern. Damit Deutschland ein weltweit führender Standort für die Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz bleibt, bedarf es einer breiten und bestens ausgebildeten Fachkräftebasis sowie einer Stärkung der bestehenden Forschungseinrichtungen. Im Jahr 2020 haben Bund und Länder daher die Bund-Länder-Vereinbarung „Künstliche Intelligenz in der Hochschulbildung“ und die Verwaltungsvereinbarung über die gemeinsame Förderung von KI-Kompetenzzentren gebilligt.  Ergänzt werden diese Maßnahmen durch weitere Aktivitäten, die Bund, Länder und Wirtschaft bereits in den Vorjahren zur Förderung von Forschung und Entwicklung initiiert haben.

Zum Herunterladen:

Materialien der GWK, Heft 86: Steigerung des Anteils der FuE-Ausgaben am nationalen Bruttoinlandsprodukt (BIP), Sachstandsbericht zum 3,5 %-Ziel für FuE an die Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern, Bonn 2023, ISBN 978-3-947282-20-3: PDF-Datei  (nicht barrierefrei)

Weitere Sachstandsberichte zum 3 %-Ziel für FuE aus den Jahren 2009 bis 2022 finden Sie hier.